Von Rohstoff bis Feinstaub
Die Ökobilanz von E-Autos - schon gut oder noch nicht gut genug?
E-Autos sind lokal emissionsfrei unterwegs. Jedenfalls was den CO2-Ausstoß angeht. Deshalb gelten sie als umweltfreundlich. Und aus genau diesem Grund werden sie auch gefördert. Als Technologie, die dazu beiträgt, der Klimaerwärmung entgegenzuarbeiten. So weit so gut – wenn es jedoch um die ganzheitliche Betrachtung der Ökobilanz dieser Fahrzeuge geht, sind die Bewertungen nicht immer einheitlich. Warum ist das so? Und was gibt am Ende den Ausschlag?
Ökobilanz – was wirklich zählt
Unter diesem Blickwinkel geht es eben nicht nur um die lokalen Emissionen beim Antrieb. Es geht tatsächlich um alles. Um den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs, von der Produktion über den Betrieb im täglichen Einsatz bis hin zum Recycling der Einzelteile und insbesondere der Batterie am Ende des Autolebens. Welche Emissionen fallen in diesen Phasen an und summieren sich zu einer bilanzierbaren Größe, die dann wieder mit dem Verbrenner vergleichbar ist. Denn selbst ein E-Auto ist nicht in jeder Phase ein „Umweltengel“. Unter anderem deshalb, weil in den Elektromotoren und Speicherbatterien auch Rohstoffe verarbeitet werden, deren Gewinnung selbst wieder sehr aufwendig und energieintensiv ist. Die Frage ist allerdings: Was ist die entscheidende Einflussgröße im Öko-Wettbewerb zwischen E-Auto und Verbrenner?
Ist das E-Auto ein CO2-Fighter?
Das ist die entscheidende Frage – die CO2-Bilanz ist der wesentliche Baustein in der Ökobilanz. Für beide. Wie gut das E-Auto im Vergleich dasteht, hängt nicht davon ab, was aus dem Auspuff rauskommt (es gibt hier ja keinen), sondern von dem, was man reinsteckt. Es geht um den Strom, der beim Laden verwendet wird. Handelt es sich um konventionell erzeugte Energie oder erneuerbare? Der Strommix entscheidet. Enthält er viel grünen Strom, also solchen, der aus regenerativen Quellen gespeist wird, verbessert sich automatisch die Ökobilanz des E-Autos. Wenn nicht, sieht sie einfach schlechter aus. Dann dauert es länger, bis der Stromer am Verbrenner vorbeizieht. Schauen wir auf Deutschland:
Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat aktuell für das 3. Quartal 2022 folgende Verteilung in Deutschland bilanziert: 43 % der Energie kamen aus erneuerbaren Quellen, 57 % aus konventionellen. Im Vergleich mit vielen anderen Regionen auf der Erde ist das schon ein hoher Anteil an grünem Strom.
Wenn man jetzt der These des Fraunhofer Instituts folgt (siehe utopia.de), dass für sämtliche batterie-elektrischen Autos (inklusive Hybrid und Wasserstoff) die Art der Stromerzeugung maßgeblich für dessen Ökobilanz ist, dann erkennt man, wo das größte Potential für eine Verbesserung liegt. Eben im Ausbau des Anteils an grünem Strom.
Das E-Auto ist also nicht „an sich“ schon grün, wir müssen es dazu machen. Aber dann hat es im Vergleich mit dem Verbrenner mehr Potential.
Schwachpunkt Produktion?
Für die Herstellung kommt es zunächst – wie beim Betrieb – auf den Strommix an, der für die Produktion verwendet wird. Das sieht hierzulande sicher ganz gut aus (siehe oben), aber in anderen Ecken der Welt eher nicht. Deshalb ist es schon die Frage, wo das E-Auto oder seine Batterie entstehen. Von China wissen wir, dass dort in der Produktion ein hoher Kohlestromanteil Verwendung findet. Und der bedeutet immer einen stark erhöhten CO2-Ausstoß. Je nachdem wo das Fahrzeug herkommt, hat dies Einfluss auf seine Ökobilanz. Das gilt natürlich auch beim entsprechenden Verbrenner-Modell.
Schwachpunkt Batterie?
Nach Strommix und Produktion ist die Batterie die dritte kritische Komponente in der Rechnung. Die Akkus verbrauchen knappe Ressourcen (wie Lithium, Nickel, Kobalt, Graphit), die auch noch energieintensiv gewonnen werden müssen. Zudem erfordert der Zusammenbau einen höheren Stahlanteil, ein Umstand, der wieder etwas mit höheren Emissionen zu tun hat. Denn die Stahlherstellung selbst produziert nicht gerade geringe Mengen an Feinstaub. Den allerdings abseits vom öffentlichen Leben.
Auf der anderen Seite punktet die Batterie auch zurück: Parallel zu den E-Fahrzeugen entsteht eine Recycling-Industrie, die davon ausgeht, dass man 90% (oder sogar mehr) der Rohstoffe durch schrittweise Trennung und Aufbereitung nach dem Autoleben zurückgewinnen kann. Eine hohe Quote – und gut für die Ökobilanz. Derzeit aber auch noch ein Stück Zukunftsmusik.
Weniger entfernt ist eine andere Methode, die Batterien nachhaltiger einzusetzen. Man geht jetzt verstärkt davon aus, sie nach ihrem (ersten) Autoleben als stationäre Speicherbatterien einzusetzen. Zum Beispiel in größeren Gruppen für Solaranlagen.
Die Entwicklung geht weiter
In allen Bereichen: die E-Motoren werden effizienter, die Batterien leistungsfähiger und ihre Produktion effizienter, das Stromnetz wird sich den Klimazielen anpassen (müssen) und sauberer werden. Die Laufleistung eines E-Autos wird jetzt schon deutlich höher angesetzt (250.000 km) als noch vor Jahren (150.000 km). Alle Einflüsse zusammen verbessern die Ökobilanz der Stromer in den kommenden 10 bis 15 Jahren. Deshalb ist es sinnvoll in diesem Zusammenhang perspektivisch zu denken - und nicht den Status quo von heute als Grundlage einzufrieren. Schon aktuell interessant sind dazu die Untersuchungen von „Green NCAP“, einer Initiative, die auch vom ADAC unterstützt wird. 33 Fahrzeuge (Stand Februar 2023) haben dort bereits den Ökocheck durchlaufen. Auf den ersten sechs Plätzen: alles E-Autos.
Fazit
Auf Dauer wird sich in Sachen Ökobilanz das E-Auto noch stärker durchsetzen. Sein gegenüber dem Verbrenner nachteiliger CO2-Rucksack (entstanden durch Produktion und Strommix) wird immer kleiner. Die Zukunft arbeitet sozusagen für das E-Auto:
Weil der Strommix grüner wird und der Stromverbrauch der Motoren geringer. Mit der Laufleistung steigt die Lebensdauer der Fahrzeuge und den Rest hat der Pilot selbst in der Hand – durch eine stromsparende Fahrweise.